Bild aus "Die Erzählungen des Rabbi Nachman"

In den Nächten

In seiner Jugend zog Mosche Löb zuweilen am Abend heimlich andere Kleider an, entfernte sich unbemerkt und nahm an den Vergnügungen einiger Altersgenossen teil, sang und tanzte mit ihnen. Sie liebten ihn alle, und sein hingeworfenes Wort war ihnen ein Gesetz, aber er befahl ihnen nie. Als er nach Nikolsburg fuhr, um bei Rabbi Schmelke zu lernen, gaben sie ihre Gelage auf, weil sie ohne ihn keine Freude dran fanden.

Nach vielen Jahren kam einer von ihnen, der inzwischen in fernen Ländern gewesen war, in die Heimat zurück und verweilte unterwegs in Sasow. In der Herberge und auf der Straße erzählten ihm alle Leute, mit denen er sprach, von einem wunderbaren Mann, dem großen Zaddik Rabbi Mosche Löb. Es kam ihm, als er den vielverbreiteten Namen hörte, nicht in den Sinn, es könnte dies der Geselle seiner einstigen Freuden sein; als er aber, von Neugier getrieben, vor den Rabbi trat, erkannte er ihn sogleich. Es durchfuhr ihn: Sieh doch, wie dieser die Welt zu betrügen versteht! Während er jedoch Rabbi Mosche Löb in das vertraute und doch ehrfurchtgebietende Antlitz sah, entsann er sich nun erst wahrhaft und verstand endlich die unsichtbare Lenkung jener Nächte und wie das Spiel sich Mal um Mal unter der Wirkung eines unfaßbaren Gesetzes erhoben hatte. Er neigte sich vor dem ihn freundlich anblickenden Zaddik und sprach: »Herr, ich danke Euch.«