Bild aus "Die Erzählungen des Rabbi Nachman"

Die Bestechung

In seiner Jugend war Rabbi Abraham Jehoschua »Vater des Gerichtshofs« zu Kolbischow, und fünf Städte gehörten zu seinem Bezirk. Einst hatte er eine Rechtssache zusammen mit zwei bestochenen Beisitzern zu entscheiden. Da er sich ihren Vorschlägen beharrlich widersetzte, rieten sie endlich ihrem Auftraggeber, er möge dem Rabbi, dessen Unbestechlichkeit alle drei wohl kannten, einen ansehnlichen Geldbetrag heimlich in die Tasche des Festrocks legen, den er nur an den Neumondstagen trug. Der Mann folgte dem Rat, und es gelang ihm, unbemerkt zu bleiben. Bei der nächsten Verhandlung spürte der Rabbi, wie sein Sinn sich dem Gutachten seiner Beisitzer zuneigte. Er schwieg eine Weile; dann vertagte er die Urteilsfällung, ging in seine Kammer und weinte sich vor Gott aus. Am Tag des neuen Mondes zog er den Festrock an und fand das Geld. Er hieß den Mann kommen und entnötigte ihm das Bekenntnis.

Wenn der Apter diese Begebenheit erzählte, pflegte er den Spruch der Schrift anzuführen: »Die Beschenkung blendet die Augen der Weisen, sie verkehrt der Bewährten Rede.«